Antibiotika nur, wenn nichts anderes hilft

Um die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu sichern, gilt es, Resistenzen gegen diese als Wundermittel gefeierten Medikamente zu verhindern. Die Bell Food Group gehört zu den Akteuren, die sich für die sachgerechte Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung engagieren – und das nicht erst seit gestern.


Seit 80 Jahren dienen Antibiotika zur Behandlung bakterieller Infektionen. Und schon fast genauso lange beobachten Wissenschaftler, dass Bakterienstämme gegen Antibiotika resistent werden. Das Problem: Entwickelt ein Bakterium eine Resistenz gegen ein Antibiotikum, kann dieser Wirkstoff es nicht mehr bekämpfen. Widersteht ein Bakterium sogar mehreren Antibiotikaklassen, spricht man von einer Multiresistenz. Für solche Fälle, in denen die herkömmlichen Substanzen nicht mehr wirken, gibt es zwar spezielle, sogenannte kritische Antibiotika oder als Ultima Ratio die Reserveantibiotika, aber der Bestand an solchen Arzneien ist begrenzt.

Das betrifft nicht nur die Humanmedizin. Auch in der Nutztierhaltung kommen Antibiotika zum Einsatz. Ein sorgsamer Umgang hilft dabei, die Wirksamkeit der zur Verfügung stehenden Mittel zu erhalten. Vieles ist in diesem Zusammenhang gesetzlich geregelt. So verpflichten Tierschutzgesetze in der EU und der Schweiz die Halter, kranke und verletzte Tiere unverzüglich ihrem Zustand entsprechend unterzubringen, zu pflegen und zu behandeln oder aber zu töten. Ob für die Behandlung des Tieres ein Antibiotikum sinnvoll ist, darf nur der betreuende Tierarzt entscheiden. Muss sogar ein kritisches Antibiotikum angewendet werden, unterliegt der Tierarzt zusätzlichen strengen Vorschriften. Der Einsatz von Antibiotika zur Leistungssteigerung in der Nutztiermast ist zudem in der Schweiz bereits seit 1999 und in der EU seit 2006 verboten.

Die Bell Food Group engagiert sich als Verarbeitungsunternehmen in der Wertschöpfungskette bereits seit Jahren für eine besonders tierfreundliche Nutztierhaltung und damit für die Steigerung der Tiergesundheit und die Reduzierung von Antibiotikaabgaben. «Wir unterstützen die landwirtschaftlichen Produzenten mit präventiven Massnahmen zur Gesunderhaltung der Tiere und setzen Antibiotika nur in Ausnahmefällen ein», berichtet Dr. Kathrin Kühni Boghenbor, Tierärztin und Leiterin des Gesundheitsdienstes Geflügel bei Bell in der Schweiz.

Neben dem Engagement in der direkten Wertschöpfungskette beteiligt sich die Bell Food Group auch an übergeordneten Initiativen zur Antibiotikareduktion. So gehört sie zu den Akteuren in der Schweiz, die seit 2015 die «Strategie Antibiotikaresistenzen» (StAR) unter der Federführung des Bundesamts für Gesundheit unterstützen. Das gemeinsame Ziel: Die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen bei Bakterien einzudämmen und damit die langfristige Wirksamkeit von Antibiotika zu sichern. Die StAR nimmt sich dem Problem der Antibiotikaresistenzen bereichsübergreifend an. Dieser One-Health-Ansatz setzt sowohl bei der Humanmedizin, wie auch der Tiermedizin, Landwirtschaft und Umwelt mit verschiedenen Handlungsfeldern und Massnahmen an.

Zu den guten Nachrichten gehört, dass heutzutage in Zusammenhang mit dem Antibiotikaeinsatz keine Problematik von Rückständen mehr im Fleisch besteht, die beim Konsum auf den Menschen übergehen könnten. Ein Fortschritt, der durch das Verbot von antimikrobiellen Leistungsförderern sowie durch engmaschige Kontrollen erzielt werden konnte.

«Wir führen zusätzlich zu den behördlichen Kontrollen auf Antibiotika-Rückstände in unseren Schlachtbetrieben gezielte Stichproben durch», erläutert Basil Mörikofer, Projektleiter Nachhaltigkeit bei Bell Schweiz. «Dass wir bei den Analysen keine positiven Funde verzeichnen, beweist, dass die strengen Vorgaben für die Nutztierhaltung und die Sensibilisierung der Landwirte Früchte tragen.» Auch die Verkaufszahlen von Antibiotika für die Anwendung bei Nutztieren belegen den rückläufigen Trend. So sanken sie in der Schweiz laut des «Swiss Antibiotic Resistance Report 2020» von 2010 bis 2020 um 52 Prozent. Die europäische Arzneimittel-Agentur ermittelte für die EU für den Zeitraum von 2011 bis 2018 einen Rückgang um 34,6 Prozent. Aktuelle Zahlen für kritische Antibiotikaklassen zeigen hier ebenfalls einen Rückgang: In der Schweiz reduzierte sich ihre Vertriebsmenge allein 2020 um rund neun Prozent.

Eine Entwicklung, die sich in Zukunft weiter fortsetzen sollte. Denn in den letzten Jahren kamen immer weniger neue Antibiotika auf den Markt. Ein Grund dafür ist die teure Grundlagenforschung an Präparaten, die später möglichst sparsam eingesetzt werden sollen. Kein gewinnbringendes Geschäft für die Pharmafirmen. Daher wird die Vermeidung von Resistenzen auf lange Sicht entscheidend dafür sein, dass für die Behandlung von bakteriellen Infektionen bei Mensch und Tier wirksame Arzneimittel zur Verfügung stehen.